Wow, 2 Jahre! Wer hätte gedacht, dass aus diesen wenigen Wochen, die wir zu Hause bleiben müssten, zwei Jahre werden. Und wer hätte gedacht, dass wir in diesen zwei Jahren ständig mit Lockerungen und Verschärfungen, Lockdowns, Lockdown-Lights und Ungeimpften-Lockdwons rechnen mussten. Zwei Jahre Pandemie ist eine lange Zeit. Wer bis jetzt noch nicht angesteckt wurde und auch im engeren Bekanntenkreis niemanden kennt – Hut ab! Ich habe es schon gehabt, am Höhepunkt der Delta-Welle, trotz zweifacher Impfung. Durch diese absurd lange Zeit, die vielen Umstellungen und die Omikron-Variante, wurde oft von einem Leben mit Corona geredet – doch das haben wir doch eh schon irgendwie gehabt, oder?
Origin Story
Wie es wohl bekannt ist, begann diese ganze Geschichte im ausgehenden 2019. Aus der Region rund um Wuhan schaffte es das Virus im März auch nach Europa und Österreich. Dort wurde am 16. März (wenn ich mich richtig erinnere), also vor gut zwei Jahren der erste Lockdown umgesetzt. Ich selbst habe wenige Tage davor noch behauptet, dass es nie im Leben dazu kommen würde, dass die Schulen schließen würden – jup, so falsch kann man auch mal liegen ^^. Die nächsten zwei Monate waren für mich recht spannend sogar. Neben diesem Blog habe ich auch einen YouTube-Kanal gestartet, habe angefangen regelmäßig Laufen zu gehen und hab für die Matura, die Ende Mai anstehen sollte gelernt. Wie ich so bin, hab ich mich natürlich an die ganzen Ausgansbeschränkungen und Warnhinweise und weiß der Geier was gewissenhaft gehalten. Meine FreundInnen habe ich nicht wirklich gesehen, höchstens habe ich mit ihnen geschrieben. Die Öffnungen der Schulen für die Maturaklassen waren ein Segen, ich hab mich noch nie so gefreut in der Schule wieder sein zu können. Meine Freizeit sah dennoch recht eintönig aus (manche würden auch langweilig sagen). Ich habe gelernt, Menschenmassen vermieden und brav meinen Abstand gehalten.
Neue Ängste?
Dieses sehr vorsichtige Verhalten könnte vielleicht der Grund für meinen gewonnen Hass auf und in gewisser Weise auch meine Angst vor Menschenmengen sein. Im Sommer 2020 fiel mir das erstmals auf. Es war ein wunderschöner Tag, ich habe mich mit einer Freundin in der Stadt verabredet und erlebte eine Art von Panik-Attacke als ich am Grazer Jakominiplatz aus der Straßenbahn ausstieg. Auch andere haben das wunderschöne Wetter dazu genutzt aus den eigenen vier Wänden auszubrechen und durch die Stadt zu schlendern. Überall wo ich hinsah, waren Menschen. Ich versuchte mich zu bewegen. Aus dem verwirrten, im Kreis drehenden umherirren wurde langsam ein immer schnelleres laufen. Springend wich ich den mir entgegen kommenden Grüppchen aus. Ich drehte meinen Kopf hin und her und wurde von Reizen überflutet. Erst am Schlossberg, als ich mich mit der Person traf und wir einen ruhigen Ort fanden, kam ich zur Ruh. Solche Episoden kamen seitdem immer wieder vor, zuletzt vor ein paar Wochen am Bahnhof Meidling in Wien. Die Masse an Menschen, die vom Zug zur U-Bahn drängten verstörten und verwirrten mich. So sehr, dass meine Begleitung anfing sich Sorgen um mich zu machen.
Langeweile
Ich bin gerade ein bisschen in der Zeit nach vorne gesprungen. Zwischen meiner Matura und meinem neuen Leben in Wein lag nämlich ein Jahr. Dieses war vor allem durch Langeweile gekennzeichnet. Durch den erneuten Lockdown im November 2020 wurde mein Zivildienst auf einmal sehr eintönig. Spielen, einkaufen, putzen und spazieren gehen prägten meine Tage für fast ein halbes Jahr. Dennoch denke ich sehr positiv an meinen Zivi zurück, denn ich habe Bekanntschaften geschlossen und Eindrücke gesammelt, die mein Leben bereichern – dafür bin ich sehr dankbar. Nach dem Sommer 2021 zog ich nach Wien um. Meine Hoffnung war natürlich, dass ich ein normales erstes Semester erleben könnte. Ein Semester mit Vorlesungen in Präsenz, mit neuen Bekanntschaften, die dadurch geschlossen werden könnten, doch dem war nicht so. Von Anfang an war klar, dass ich das meiste von zu Hause aus machen müsste. Dennoch habe ich durch die wenigen Lehrveranstaltungen ein paar sehr nette Menschen kennengelernt und in sehr verkürzter Form ein „normales“ Studienleben erlebt. Einzig Partys waren nicht so zahlreich, wie sie unter anderen Umständen sein würden.
Noch mehr Langeweile
Als ich dann aber auf einer Party war, wurde ich sofort dafür bestraft. Nach 18 Monaten ohne Ansteckung, zweifacher Astra-Zeneca Impfung samt heftigen Reaktionen darauf hat es mich erwischt. Ich testete am 17. November 2021 positiv. Da ich einen Termin in Graz hatte, keine Symptome bis dahin gezeigt habe und das Ergebnis noch nicht erhalten habe, bin am selben Tag noch zurück in mein Elternhaus gefahren. Am Morgen des 18. Novembers, um kurz vor 8, aus dem Schlafzimmer meiner kleinen Schwester rief ich mein Testergebnis ab. Ich konnte es nicht fassen, zehn, fünfzehn, zwanzig Mal lies ich über das Ergebnis. „Nachweisbar“ in roter Schrift stand dort. Ich konnte es nicht fassen. Ich versuchte die Gesundheitshotline 1450 zu erreichen, landete nur in der Warteschlange. Nach einem kurzen Anruf an meine Mutter, die gerade erst aufgestanden ist, versuchte ich den gesamten Tag lang die verantwortlichen Behörden zu erreichen. Um 16 Uhr schaffte ich es endlich, mein Absonderungsbescheid wurde mir aber erst vier Tage später ausgestellt. Was auf diesen Tag folgte waren zehn weitere Tage voller Langeweile. Ich war nicht in meinem Zimmer, hatte nur meinen Laptop und mein Handy dabei, selbst wenn ich etwas anderes machen hätte dürfen, könnte ich nicht. Also habe ich eine Serie nach der anderen angeschaut, die wenigen Aufgaben für mein Studium abgeschlossen und geschlafen. Das Essen wurde mir von meiner Mutter vor die Türe gestellt, ganz wie im Gefängnis. Ich hatte keine Besucher in dieser Zeit, ganz wie im Gefängnis. Ich war eingesperrt, ganz wie im Gefängnis. Dennoch bin ich sehr froh zu dieser Zeit in Graz gewesen zu sein, denn in meinem kleinen Studentenwohnheimzimmer hätte ich auch nicht gewusst, was ich tun sollte.
Und jetzt?
Seitdem verlief es eigentlich ganz ruhig. Die Vorlesungen des zweiten Semesters sind wieder vor-Ort und ich habe Partys so gut wie möglich vermieden. Doch seit ein paar Wochen ist die Hölle los. Mit meiner Cousine begonnen, die alle in ihrem Umkreis ansteckte (ich blieb verschont, obwohl ich am Tag davor Essensrest von ihrem Teller aß), über die Schwester meiner Freundin, einer Mitbewohnerin in meinem Stockwerk, einigen ProfessorInnen und DozentInnen bis hin zu meinem Vater stecken sich in letzter Zeit immer mehr Leute an. Dennoch wurde die Impfpflicht aufgehoben, die Maßnahmen in Rest-Österreich praktisch aufgegeben und niemand gibt mehr einen Fick darauf, dass fucking 50.000 Menschen sich tagtäglich anstecken!!!
Mit dieser Aussicht blicke ich sehr skeptisch dem Herbst gegenüber. Ich werde mich demnächst ein drittes Mal impfen lassen und meiner Meinung nach sollte jeder, der die Chance dazu hat, das auch tun. Denn auch wenn wir uns langsam an ein Leben mit Corona gewöhnen, wäre es doch schön in möglichst naher Zukunft nicht mehr über Neuinfektionen und Hospitalisierungen in den Zeitungen und Nachrichtenshows zu hören.
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